In den Jahrzehnten nach seiner Gründung entfaltete Göttingen
eine enorme politische und wirtschaftliche Dynamik, die es den
Bürgern ermöglichte, sich schrittweise aus der
Abhängigkeit von ihrem Stadt- und Landesherrn, dem Herzog von
Braunschweig-Lüneburg, zu lösen.
Dieser besaß zwar eine
feste Burg, den "Bolrus" oder "Balrus" in der Stadt,
sah sich aber auch zu weiteren Gegenmaßnahmen veranlasst. Herzog
Albrecht der Feiste von Braunschweig-Lüneburg ließ noch vor
dem Jahr 1300 westlich außerhalb der Göttinger Stadtmauer
eine "neue Stadt" anlegen.
Im südlichen Anschluss daran befand sich seit 1318 eine
Niederlassung des Deutschen Ordens,
die sog. "Kommende" mit
der Marienkirche, die zugleich auch als Pfarrkirche für die
Neustadt diente. Die Anlage von Neustädten war im 13. und 14.
Jahrhundert eine gängige Methode, mit der die Fürsten
versuchten, der wachsenden Unabhängigkeit ihrer Städte
entgegenzuwirken. Der Plan des Braunschweiger Herzogs ging im Fall
Göttingens allerdings nicht auf, seine Gegengründung war der
politischen und wirtschaftlichen Kraft der Göttinger Bürger
nicht gewachsen. Bereits 1319 sah sich sein Sohn und Nachfolger Herzog
Otto gezwungen, die Neustadt für 300 Mark lötigen (d.h.
reinen) Silbers an Bürger und Rat zu verkaufen. Auch die Tage der
herzoglichen Burg waren gezählt. Als aus vergleichsweise nichtigem
Anlass im Jahre 1387 zwischen Herzog Otto dem Quaden (dem Bösen)
und der Stadt eine Fehde ausbrach, zerstörten die Bürger sie
bis auf die Grundmauern. Nur der Name der Burgstraße erinnert
noch daran. Wenig später, am 22. Juli 1387, errang das
städtische Aufgebot auch in offener Feldschlacht einen glorreichen
Sieg über den Herzog.
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