Gustav Weiss

wurde am 6.12.1905 in Göttingen geboren. Er war verheiratet und bei der Stadt Göttingen bis zum Oktober 1932 angestellt. Danach verdiente er sein Geld als Schlachter.

Weiss war in der Ortsgruppe der KPD in Göttingen engagiert. Er gehörte spätestens ab 1931 zur Zelle G, zu der 9 weitere Personen zählten. Unter ihnen waren Hugo Dohrnieden, Karl Meyer, Fritz Möhring und Oskar Knodt.1

Nach der Machtübertragung zeichnete er für die Nr. 2 des Roten Stürmer (25.2.1933) verantwortlich, eine Funktion, die innerhalb der Ortsgruppe stets weitergereicht wurde.

Gustav Kuhn und Weiss waren die ersten Schutzhäftlinge in Göttingen, sie wurden am 1.3.1933 im Polizeigefängnis in der Gotmarstraße inhaftiert.2 Im Angesicht der bevorstehenden Wahl (5.3.1933) wies der preußische Innenminister (Reichskommissar für das preußische Innenministerium war Hermann Göring) daraufhin: die Festnahme der KPD-Führer erfolgte wegen Verdacht hochverräterischen Handelns, dies ist keine Schutzhaft aus politischen Gründen. Daher kein Wahlrecht. Ein paar Tage später konnte die Ortspolizei nur berichten, dass die inhaftierten KPD-Führer trotzdem ihr Wahlrecht zur Reichstagswahl ausgeübt hätten. Noch einmal fünf Tage später, am 12.3.1933, wurde ihre Teilnahme an den Kommunalwahlen verhindert.3

Bei den inhaftierten KPD'lern Weiss, Kuhn, Reinecke, Strasen, Hanne und Schaper wurden bis zum 20.3.1933 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Diese galten hochverräterischem Material und Schusswaffen, verliefen allerdings ergebnislos.4 Die im Polizeigefängnis Inhaftierten setzten eine Haftbeschwerde auf, die von Gustav unterzeichnet, am 27.3. an die Polizeidirektion (bis zum 30.3.1933 war nominell noch Paul Warmbold Polizeidirektor, er wurde von Albert Gnade abgelöst) gerichtet wurde. (Beschwerde PDF)

Die nächste Aktion folgte am folgenden Tag: Die im Polizeigefängnis Inhaftierten Kuhn, Weiß, Reinecke, Strasen und Hanne erklären heute Mittag, daß sie in den Hungerstreik eintreten. Die Einnahme der gelieferten Mittagessen wurde(n) von den genannten verweigert.5 Wie lange dieser dauerte, lässt sich aus den Akten nicht entnehmen. Knapp eine Woche später stellte Gustav Weiss, wie alle anderen KPD-Schutzhäftlinge, eine Antrag auf Bearbeitung seines Gartenlandes.6 Dieser Antrag kam aber nicht mehr zum Tragen da die KPD'ler am 6. und 7.4.1933 aus der Schutzhaft entlassen wurden, um Platz für die verhafteten SPD-Bürgervorsteher zu machen.7

In den Akten taucht Weiss noch einmal in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Kassel gegen Göttinger Kommunisten auf (3.8.1937: Meyer, Kuhn u.a.). Ein Anklagepunkt war das Verstecken von Waffen durch Kuhn, Weiss und Reinecke im Herbst 1932. (Anklage Waffenversteck PDF) Aus der Anklageschrift geht auch hervor, dass gegen die Frau von Gustav Weiss ein paralleles Strafverfahren lief.

Gustav Weiss selbst war bereits am 4.2.1937 verhaftet worden. Er wurde in einem Strafverfahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Gegenstand des Verfahrens ist nicht bekannt, da die Akten noch nicht aufgefunden wurden.8

Nach Kriegsende engagierte sich Gustav Weiss im Komitee ehemaliger politischer Häftlinge, einer Organisation, deren Arbeit Mitte 1946 von der Militärregierung untersagt wurde.9 (Dazu Wilhelm Eglinsky)



Quellen

KPD - Spezialakten betreffend die kommunistische Partei. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 155, Nr. 1a.

Material Hannah Vogt. Stadtarchiv Göttingen, Kl. Erwerbungen Nr. 118.

Stadtverwaltung und Militärregierung, Einsetzung und Tätigkeit des Kreis-Sonderhilfs-Ausschusses Göttingen. Stadtarchiv Göttingen, Stadtverwaltung und Militärregierung I 76.

Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik: Schutzhaft. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 31a, Nr. 2, Bd. 1.



1Material Hannah Vogt, S. 9, Markenbuch Weiß, Zelle G, KPD Göttingen.

2Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik, S. 168.

3KPD - Spezialakten betreffend die kommunistische Partei, S. 122, Preuß. Innenministerium via Reg.Präs. Hildesheim an Ortspolizeibehörden, Info: Schutzhaft KPD und Wahlrecht, 4.3.1933.

4Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik, S. 138, 20.3.1933: Schutzhäftlinge - Ortspolizeibehörde an Regierungspräsident, Durchführung der Verordnung Schutz von Volk und Staat vom 28.2.1933.

5KPD - Spezialakten betreffend die kommunistische Partei, S. 146, Ortspolizei, Meldung Hungerstreik KPD'ler, 28.3.1933.

6Ebenda, S. 150-150v, Ortspolizei Meldung Schutzhäftlinge, Gartenbearbeitung, 6.4.1933.

7Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik, S. 168.

8KPD - Spezialakten betreffend die kommunistische Partei, S. 365, Bescheinigung Weiss, 4.6.1945.

9Stadtverwaltung und Militärregierung, Einsetzung und Tätigkeit des Kreis-Sonderhilfs-Ausschusses Göttingen, S. 58, 4.6.1946 - OB an Gustav Weiß - Komittee(!) ehem. politischer Häftlinge - Einstellung der Arbeit.

Rainer Driever