Die Internationale Bibelforscher-Vereinigung – Einbeck
Ende Januar 1936 wurden einige Einbecker Anhänger der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung in der Wohnung der Familie Gedan, Münsterstraße 7, verhaftet.1 Im Lagebericht der Stapo-Stelle Hildesheim heißt es dazu: In Einbeck konnte eine Versammlung dieser verbotenen Vereinigung ausgehoben werden. Gegen 8 Personen wurde Schutzhaft verhängt.2
Obwohl die Einbecker Bibelforscher überwacht wurden, war der Anlass der Verhaftung im Januar 1936 eine Denunziation. Sie betraf die Teilnehmer der religiösen Zusammenkunft in der Wohnung der Familie Gedan in der Münsterstraße 7. Am 18. April 1936 kam es zum Prozess gegen zwölf Zeugen Jehovas vor dem Sondergericht in Einbeck (Aufrechterhaltung einer illegalen Organisation und Lektüre verbotener Schriften).3
Die
Bibelforscherinnen Karoline Gedan, Anna Muhs, Fräulein
Blumenberg und eine weitere Frau wurden zu sechs Wochen Gefängnis
verurteilt. Gustav Brandes erhielt drei Monate Gefängnis.
(Northeimer Beobachter, 20.4.1936)
Der Buchhalter Karl Scheibner
war der Einbecker Leiter der IBV. Er tauchte bereits im März
1934 im Kundenverzeichnis der Firma Waldmann und Co. auf, die illegal
Schriften der Bibelforscher vertrieb. Seiner Verurteilung im April
1936 lag das sog. „Heimtückegesetz“ zugrunde (Gesetz
PDF).
Verurteilt wurde meist aufgrund § 2.1 des Gesetzes.4
So erhielt Scheibner eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und 2
Monaten. Wie viele Mitgefangene, die dieselbe Urteilsbegründung
aufwiesen oder linken Kreisen zugerechnet wurden, wurde Scheibner
nach Ablauf der Gefängnisstrafe in ein Konzentrationslager
eingewiesen. Nach einem Jahr Haft im KZ Sachsenhausen starb der
45-Jährige am 11. Juli 1938 an einer Lungenentzündung.5
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Literatur
Brinckmann, Ilse (1987): Dokumentation zur Geschichte der Stadt Einbeck, 1918 - 1945 : e. chronologischer Überblick.
Mlynek, Klaus (1986): Gestapo Hannover meldet--. Polizei- und Regierungsberichte für das mittlere und südliche Niedersachsen zwischen 1933 und 1937. Hildesheim: A. Lax (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen XXXIX, Niedersachsen 1933-1945, Bd. 1).
Wittrock, Christine (2013): Idylle und Abgründe : die Geschichte der Stadt Einbeck mit dem Blick von unten ; 1900 - 1950. 2. Aufl. Bonn: Pahl-Rugenstein.
1Brinckmann 1987, S. 67, Januar 1936 - Verhaftung Ernste Bibelforscher.
2Mlynek 1986, S. 494, 63 / Lagebericht der Staatspolizeistelle Hildesheim an das Geheime Staatspolizeiamt Berlin für den Monat Januar 1936 / 3. Februar 1936 BA: R 58/570. Abschrift. Bezug: wie 18.
3Brinckmann 1987, S. 68, 18.4.1936 – Sondergericht.
4Reichsgesetzblatt Nr. 137, Berlin 29.12.1934. Der § 2,1 lautet: „Wer öffentlich gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates oder der NSDAP, über ihre Anordnungen oder die von ihnen geschaffenen Einrichtungen macht, die geeignet sind, das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben, wird mit Gefängnis bestraft.“
5Wittrock 2013, S. 157, Zeugen Jehovas, Einbeck, 1936.
Rainer Driever