Literatur zum Thema

Widerstand und Selbstbehauptung gegen die nationalsozialistische Diktatur in Göttingen und Umgebung tauchen punktuell in verschiedenen Veröffentlichungen auf.

Für Göttingen selbst bot lange Zeit der Beitrag von Rainer Rohrbach von 19891 die einzige Überblicksdarstellung. Für die Region lagen ab Ende der 1970er Jahre Arbeiten von Willi Belz zu Kassel und Wilhelm Schumann zu Hann. Münden vor.2 Gerade die Arbeit von Schumann bot den Vorteil, dass sich mit ihr noch einer der Mitglieder des Mündener Widerstands zu Wort meldete. Dies war auch mit den Erinnerung von August Fricke3 für Einbeck der Fall, die 1981 im Selbstverlag erschienen. Auf der Seite der eher dokumentarischen Darstellung für die Überlieferung der Verfolgungsorgane ist die Arbeit von Klaus Mlyneks „Gestapo Hannover meldet“ aus dem Jahre 19864 für den Bereich Südniedersachsen von einiger Wichtigkeit.

Unverzichtbar bei jeder Beschäftigung mit dem Thema für Göttingen ist Cordula Tollmiens Arbeit von 19995 zum Nationalsozialismus in der Stadt. 20146 trat ihr eine Untersuchung von Kerstin Thieler zur Seite, die mit ihrer Arbeit über Selbstmobilisierung der Zeitgenossen und deren Kontrolle über „politische Beurteilungen“ seitens der Kreisleitung der NSDAP einen wichtigen Baustein zum Verständnis der NS-Zeit lieferte. Im Bereich der Alltags- und Mentalitätsgeschichte angesiedelt vermittelt Heidi Rosenbaums zeitzeugenbasierte Arbeit von 20147 über Kinderalltag einen wichtigen Einblick in die Wahrnehmung der Diktatur durch Kinder und Heranwachsende. Zum Thema Konzentrationslager in der Region ist nach wie vor die Arbeit von Hesse aus dem Jahre 20038 zentral, während dies für die Vorgänge an der Göttinger Universität für die Untersuchungen aus dem Jahre 19989 gilt.

Zu Teilbereichen des Themas Widerstand und Selbstbehauptung in Göttingen wurden für die Bekennende Kirche die Arbeiten von Otte aus dem Jahre 199910 und Ericksen von 198811 zu Rate gezogen. Für den Bereich der SPD liegt die Arbeit von Ulrich Breuker von 197412 zum Göttinger Ortsverein –leider immer noch unveröffentlicht – vor. Zu einzelnen Teilaspekten der SPD-Geschichte, z.B. auch zum nicht unproblematischen Verhältnis der Partei zum Internationalen Sozialistischen Kampfbund, findet man Informationen in der von Klaus Wettig 200313 herausgegebenen Jubiläumsschrift.

Zur KPD und der Göttinger Arbeiterbewegung, auch während der NS-Diktatur, liefert immer noch die von Joachim Bons und anderen herausgegebene Arbeit von 198614 einen guten Überblick. Über die nicht unproblematische offizielle Ehrung von Ernst Fischer als des einzigen Göttinger Kommunisten liegen die Darstellung von Bolle (199215) und vor allem die eingehende Untersuchung Marco Dräger von 201416 vor. Zu einzelnen Akteuren sowie Facetten der antifaschistisch-kommunistischen Lokalpolitik liegt zudem eine Internetpublikation der Antifaschistischen Linken International (A.L.I.) vor (201217).

Der Göttinger Eisenbahner-Widerstand fand seine erste Darstellung bei Günther Siedbürger 1995.18 Da dieser, wie auch der Widerstand der Göttinger ISK-Gruppe, auf internationalen Verbindungen bzw. der Einbettung in die Strukturen der Internationalen-Transportarbeiter-Föderation beruhte, wurden dazu auch die Arbeiten von Alfred Bernd Gottwaldt (200919), Andreas G. Graf (200120), Dieter Nelles (200121) und Siegfried Mielke (201222) zu Rate gezogen.

Die Geschichte des Internationalen Sozialistischen Kampfbunds wird immer noch gut von Werner Links Arbeit von 196423 repräsentiert. Speziell an der Darstellung der Quellen interessiert veröffentlichte Sabine Lemke-Müller 199624 eine Arbeit zu dessen Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur. Ebenfalls aus ihrer Feder stammt eine Untersuchung zu Willi Eichler, dem langjährigen Vorsitzenden des Kampfbundes.25 Ebenfalls zur Darstellung des Widerstands wichtig sind die Berichte einzelner Mitglieder des Kampfbundes, die größtenteils nach Kriegsende geschrieben wurden und in der Edition von Martin Rüther (199826) vorliegen. Speziell zu den Publikationen des ISK lieferte Heiner Lindner (200627) eine Untersuchung. Das Landerziehungsheim Walkemühle findet seine Beschreibung einerseits in den Zeitzeugeninterviews, die Rudolf Giesselmann (199728) zu einer Darstellung dieser für den ISK zentral wichtigen Institution zusammengefasst hat, andererseits auf der sehr informativen Website von Ralf Schaper (201629). Zu einzelnen Personen der Göttinger ISK Gruppe existieren Arbeiten von Dörte von Westernhagen zu Heinrich Westernhagen (201230) und die Biografie von Lothar Tent zu Heinrich Düker aus dem Jahre 1999.31

Nicht auf den Widerstand zugespitzt, die Repression aber gut schildernd, ist für Northeim immer noch die Arbeit des amerikanischen Historikers William S. Allen wichtig.32 Ergänzt wurde sie 1992 durch Ekkehard Just33, in dessen Überblicksdarstellung auch Dokumente zur Repression in der Anfangsphase der Diktatur zu finden sind.

Zu Einbeck liegt mit „Idylle und Abgründe“ die neuere Arbeit von Christine Wittrock vor, die sich des Themas in den Dimensionen Repression und Selbstbehauptung angenommen hat.34 Sie ergänzt die Dokumentation von Ilse Brinckmann von 1987, die immer noch den wichtigsten chronologischen Überblick bietet.35

Zu Hann. Münden liegen mit den Arbeiten von Christmann und Kropp von 198436 zur Arbeiterbewegung in der Stadt und vor allem von Hruska, Kropp und Quest von 199337 über das Thema „Münden in der NS-Diktatur“ wichtige Arbeiten zum Thema vor. Gleichermaßen bedeutend für Göttingen, Hann. Münden und Einbeck ist die Arbeit von Boguslawski und Bons aus dem Jahre 199338 zur Sozialgeschichte der Metallgewerkschaft in Südniedersachsen.

Zu den eher unorganisierten Akten des Widerstands veröffentlichte Raimond Reiter 199739 seine Untersuchungen über Heimtücke vor dem Sondergericht Hannover. Ein Jahr später folgte mit einer Arbeit über Denunziationen sein Beitrag über ein wichtiges Element der Strafverfolgung.40 Zur Genese der Entwicklung der legislativen und administrativen Bedingungen der Inhaftierungen wurde die Untersuchung von Kai Cornelius aus dem Jahre 2006 herangezogen.41





1Rohrbach, Rainer (1989): „Die politische Lage ist hier als verhältnismäßig ruhig zu betrachten ...“: Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Göttingen 1933 bis 1945. In: 100 Jahre Göttingen und sein Museum. Göttingen, S. 161-180.

2Belz, Willi (1978²): Die Standhaften. Über den antifaschistischen Widerstand in Kassel und im Bezirk Hessen-Waldeck 1933-1945. Ergänzte u. verbesserte Auflage, Kassel.
Sowie: Schumann, Wilhelm (1973): Ihr seid den dunklen Weg für uns gegangen ...: Skizzen aus dem Widerstand in Hann. Münden 1933 – 1939, Frankfurt a.M.

3Fricke, August (1981): Erinnerungen, Begegnungen, Erfahrungen. Ein Beitrag zur Geschichte der niedersächsischen Arbeiterbewegung, Einbeck.

4Mlynek, Klaus (1986): Gestapo Hannover meldet--. Polizei- und Regierungsberichte für das mittlere und südliche Niedersachsen zwischen 1933 und 1937. Hildesheim: A. Lax (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen XXXIX, Niedersachsen 1933-1945, Bd. 1).

5Tollmien, Cordula (1999): Nationalsozialismus in Göttingen (1933-1945). Göttingen.

6Kerstin Thieler (2014): „Volksgemeinschaft unter Vorbehalt“. Gesinnungskontrolle und politische Mobilisierung in der Herrschaftspraxis der NSDAP-Kreisleitung Göttingen. Göttingen.

7Rosenbaum, Heidi (2014): „Und trotzdem war's 'ne schöne Zeit“. Kinderalltag im Nationalsozialismus. Frankfurt a.M.

8Hesse, Hans (2003): Das frühe KZ Moringen (April-November 1933). „... ein an sich interessanter psychologischer Versuch ...“. Moringen.

9Becker, Heinrich; Dahms, Hans-Joachim (Hg.) (1998): Die Universität Göttingen unter dem Nationalsozialismus. 2. Aufl. München: Saur.

10Otte, Hans (1999): Die Geschichte der Kirchen. III. Die Kirchen Göttingens in der NS-Zeit. In: D. Denecke und R. von Thadden (Hg.): Göttingen: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866-1989. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 624–655.

11Ericksen, Robert P. (1988): Widerstand als ambivalenter Gegenstand historischer Forschung: am Beispiel der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Göttingen. In: Kirchliche Zeitgeschichte 1, S. 68-79.

12Breuker, Ulrich (1974): Die SPD in Göttingen. Eine Studie zum Wiederaufbau und zur Entwicklung der Partei 1945 - 1949 unter Berücksichtigung ihrer lokalen Geschichte während der Weimarer Zeit. Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. Göttingen.

13Wettig, Klaus (Hrsg.) (2003): 1873-2003. 130 Jahre Sozialdemokratie in Göttingen. Göttingen: Die Werkstatt.

14Bons, Joachim; Denecke, Viola; Duwe, Kornelia; Löneke, Regina; Tapken, Bernd (Hg.) (1986): „Bohnensuppe und Klassenkampf“. Das Volksheim: Gewerkschaftshaus der Göttinger Arbeiterbewegung von der Entstehung im Jahre 1921 bis zu seiner Zerstörung 1944. Göttingen: Die Werkstatt.

15Bolle, Rainer ( 1992): Von der Würdigung des kommunistischen Widerstands in Göttingen. In: Carola Gottschalk (Hg.): Verewigt und Vergessen. Kriegerdenkmäler, Mahnmale und Gedenksteine in Göttingen, Göttingen, S. 101-105.

16Dräger, Marco (2014): Unbekannt, unerwünscht und unvergessen? Anmerkungen zu einer historischen Spurensuche zum kommunistischen Widerstandskämpfer Ernst Fischer, zu seinem Verfahren vor dem Reichskriegsgericht und zu seiner Gedenktafel. In: Göttinger Jahrbuch 62 (2014), Göttingen 2014, S. 221-242.

17Antifaschistische Linke International A.L.I.: Zur Geschichte der Göttinger ArbeiterInnenbewegung / 80 Jahre Antifaschistische Aktion, Göttingen 2012. Online einsehbar: http://www.inventati.org/ali/index.php?option=com_content&view=article&id=1907:regionale-arbeiterinnengeschichte&Itemid=1#biographien (zuletzt: 29.07.2016).

18Siedbürger, Günther (1995): Die Lokhalle und ihre Eisenbahner. Werksgeschichte und Arbeiterkultur in Göttingen 1855-1945. Göttingen: Schmerse.

19Gottwaldt, Alfred Bernd (2009): Eisenbahner gegen Hitler. Widerstand und Verfolgung bei der Reichsbahn 1933-1945. Wiesbaden: Marix-Verlag.

20Graf, Andreas G. (2001): Anarchisten gegen Hitler: Anarchisten, Anarcho-Syndikalisten, Rätekommunisten in Widerstand und Exil: Lukas.

21Nelles, Dieter (2001): Widerstand und internationale Solidarität: die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. 1. Aufl. Essen: Klartext-Verlag (Veröffentlichungen des Instituts für Soziale Bewegungen / A).

22Mielke, Siegfried, Heinz, Stefan (Hg.) (2013): Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen. Biographisches Handbuch, Bd. 4. Unter Mitarbeit von Julia Pietsch. Berlin: Ed. Hentrich (Gewerkschafter im Nationalsozialismus: Verfolgung - Widerstand - Emigration, 6).

23Link, Werner (1964): Die Geschichte des Internationalen Jugend-Bundes (IJB) und des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK). Ein Beitrag zur Geschichte der Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Meisenheim am Glan.

24Lemke-Müller, Sabine (1996): Ethik des Widerstands: der Kampf des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes gegen den Nationalsozialismus, Quellen und Texte zum Widerstand aus der Arbeiterbewegung 1933-1945. Bonn.

25Lemke-Müller, Sabine (1988): Ethischer Sozialismus und soziale Demokratie. Der politische Weg Willi Eichlers vom ISK zur SPD. Bonn.

26Rüther, Martin, Schütz, Uwe und Dahn, Otto (Hg. u. Bearb.) (1998): Deutschland im ersten Nachkriegsjahr. Berichte von Mitgliedern des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) aus dem besetzten Deutschland 1945/56 (Texte und Materialien zur Zeitgeschichte 10). München.

27Lindner, Heiner (2006): „Um etwas zu erreichen, muss man sich etwas vornehmen, von dem man glaubt, dass es unmöglich sei“. Der Internationale Sozialistische Kampf-Bund (ISK) und seine Publikationen. (Reihe Gesprächskreis Geschichte, Heft 64, Historisches Forschungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung), Bonn.

28Giesselmann, Rudolf (1997): Geschichten von der Walkemühle bei Melsungen in Nordhessen. Kassel.

29Landerziehungsheim Walkemühle: http://www.landerziehungsheim-walkemuehle.de/startseite.html (zuletzt: 29.07.2016).

30Westernhagen, Dörte von (2012): Von der Herrschaft zur Gefolgschaft: Die von Westernhagens im „Dritten Reich“. Göttingen.

31Tent, Lothar (1999): Heinrich Düker. Ein Leben für die Psychologie und für eine gerechte Gesellschaft. Lengerich.

32Allen, William S. (1966): „Das haben wir nicht gewollt!“: die nationalsozialistische Machtergreifung in einer Kleinstadt 1930 – 1935. Gütersloh.

33Just, Ekkehard (1992): Northeim 1848 - 1948 : der lange Weg zu Freiheit und Demokratie (Abhandlungen und Studien aus dem Stadtarchiv Northeim). Northeim.

34Wittrock, Christine (2013): Idylle und Abgründe: die Geschichte der Stadt Einbeck mit dem Blick von unten: 1900 – 1950. Bonn.

35Brinckmann, Ilse (1987): Dokumentation zur Geschichte der Stadt Einbeck, 1918 - 1945: ein chronologischer Überblick. Einbeck.

36Christmann, Gottfried; Kropp, Dieter (1984): Arbeiterbewegung in Hann. Münden von 1918 bis 1936 : (Katalog der Ausstellung „Arbeiterbewegung in Münden von 1869 bis 1945“). Göttingen (Göttinger Beiträge zur universitären Erwachsenenbildung / Sonderheft).

37Hruska, Margid; Kropp, Dieter; Quest, Thorsten (1993): Münden in der NS-Diktatur: exemplarische Analysen und didaktisch aufbereitete Dokumente zum Thema: Fabrikleben und Alltag im Nationalsozialismus. 2. Aufl. Göttingen: Die Werkstatt.

38Boguslawski, Gerd-Uwe; Bons, Joachim et al. (1993): „Allein bist Du nichts …“: Bilder, Berichte und Dokumente zur Sozialgeschichte der Metallgewerkschaft in Südniedersachsen. Göttingen: Die Werkstatt.

39Reiter, Raimond (1997): Das Sondergericht Hannover 1933-1945: „Heimtücke“ und „Volksschädlinge“ in Göttingen. In: Göttinger Jahrbuch (45), S. 157–167.

40Reiter, Raimond (1998): Denunziationen im „Dritten Reich“ im Kreis Göttingen. In: Göttinger Jahrbuch (46), S. 127–137.

41Cornelius, Kai (2006): Vom spurlosen Verschwindenlassen zur Benachrichtigungspflicht bei Festnahmen. Berlin: Berliner Wissenschafts-Verlag.

Rainer Driever