Adolf Reinecke

wurde am 19.2.1897 in Adelebsen geboren. Er hatte Maurer gelernt und wohnte zusammen mit seiner Frau Frieda, geb. Bolte, im Papendiek.

Reinecke war seit 1921 gewerkschaftlich organisiert. Im Jahre 1928 trat er der KPD und etwa 1930 der Revolutionären Gewerkschaftsorganisation (RGO) bei. Im Herbst 1932 wurde er in das Göttinger Stadtparlament gewählt, in dem er als Fraktionsführer der KPD tätig war.1

Reinecke wurde im Rahmen des Vorgehens der neuen Machthaber gegen die KPD vom 3.3.-7.4.1933 in Schutzhaft genommen.2 Bei seiner Inhaftierung wurde auch sein Motorrad mit Beiwagen beschlagnahmt.3 Vor seiner Schutzhaft war er einige Zeit arbeitslos, nach seiner Haftentlassung fand Reinecke Arbeit beim Bau der Munitionsfabrik in Lenglern. Er arbeitete auf der Baustelle für die Firma Heinrich Dawe & Söhne und später für die Firma Hildebrandt, Göttingen.4

Ende Mai 1933 wurde das Telefunken-Radiogerät von Adolf Reinecke beschlagnahmt. Als Grund wurde angegeben, dass Reinecke den Moskauer Sender abgehört und die Nachrichten unter seinen Arbeitskollegen verbreitet habe. Das Radio wurde am 14.11.1933 an Frieda Reinecke zurückgegeben.5

Bei der Arbeit auf der Baustelle gab er anscheinend das Gehörte auch in der Folgezeit an seine Kollegen weiter. Dies war jedenfalls die Begründung der Polizei für die erneute Beschlagnahme des Radios der Familie Reinecke am 29. Mai 1935.6 Reinecke selbst wurde unter dem Verdacht, gemeinschaftlich mit Bekannten den Moskauer Sender abgehört zu haben, festgenommen und dem Konzentrationslager Lichtenburg zugeführt, in dem er bis zum 12. Oktober 1936 inhaftiert war.7

Nach seiner Entlassung kehrte Reinecke nach Göttingen zurück. Er stand unter Polizeiaufsicht. Das bedeutete: Er durfte Göttingen nicht verlassen, keine Gaststätten besuchen, musste nach 22 Uhr in seiner Wohnung sein und sämtliche Wohnungsschlüssel der Polizei übergeben.8

Am 3. Februar 1937 wurde er wiederum verhaftet und saß als Untersuchungshäftling noch im August im Gerichtsgefängnis Göttingen.9 Im Prozess gegen Göttinger Kommunisten (Karl und Luise Meyer und andere) wurde er als Zeuge vernommen und selbst in einem Urteil des Oberlandesgerichts Kassel vom 14.9. 1937 (O Js. 126/37) zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt (Urteil PDF). Reinecke wurde daraufhin in das Konzentrationslager Sachsenhausen überführt.10

Eine erneute Anklage erhöhte am 25.10.1938 im Prozess vor dem Strafsenats des Oberlandesgerichts Kassel (о Js. 73/38) wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens erhöhte seine Gesamtzuchthausstrafe auf 3 Jahre und 6 Monate. Die bürgerlichen Ehrenrechte wurden ihm für 5 Jahren abgesprochen. Nach Verbüßung dieser Strafe wurde er am 4.8.1940 der Gestapo übergeben, die ihn wiederum in das Konzentrationslager Sachsenhausen einlieferte.11

Ab dem 21. April 1945 begann die SS, das Konzentrationslager zu evakuieren. Sowjetische und polnische Truppen erreichten das Lager am 22. und 23. April. Dort wurden noch etwa 3000 Kranke, Ärzte und Pfleger befreit. Am 2. Mai 1945 verließ Adolf Reinecke, inzwischen mit 45 Kilo stark untergewichtig, das Konzentrationslager.

Vom August bis zum Dezember 1945 fand Reinecke erneut Arbeit bei der Firma Heinrich Dawe & Söhne, Göttingen. Danach arbeitete er als Maurer für die Stadt Göttingen. Da er gesundheitlich sehr unter der Haft gelitten hatte, konnte er seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben und arbeitete deshalb ab Dezember 1946 als Hausmeister für die Stadt.12 Am 19. Februar 1962 erreichte er den Ruhestand.



_____________________________________________________________________

Quellen:

Entschädigungsakte Reinecke, Adolf: VVN Reinecke 1. Archiv des VVN-BdA Niedersachsen e.V., Fach 56, Nr. 526.

Internationaler Sozialistischer Kampfbund (ISK). Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 155, Nr. 5.

KPD Göttingen - Beschlagnahme und Einziehung des kommunistischen Vermögens. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 31a, Nr. 11.

Nachlass des Arbeiters Karl Meyer, Göttingen: politische Haft. Stadtarchiv Göttingen, Kleine Erwerbungen Nr. 76.

Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik: Schutzhaft. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 31a, Nr. 2, Bd. 1.



1Entschädigungsakte Reinecke, S. 3–6, 23.10.1956 - Reg.Präs. Entschädigungsbehörde an Adolf Reinecke.

2Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik, S. 168.

3Ebenda, S. 138, 20.3.1933: Schutzhäftlinge - Ortspolizeibehörde an Regierungspräsident, Durchführung der Verordnung Schutz von Volk und Staat vom 28.2.1933.

4Entschädigungsakte Reinecke, S. 3–6, 23.10.1956 - Reg.Präs. Entschädigungsbehörde an Adolf Reinecke.

5KPD Göttingen - Beschlagnahme und Einziehung des kommunistischen Vermögens, S. 164, Formblatt Beschlagnahmung Radiogerät Reinecke, 29.5.1933.

6Internationaler Sozialistischer Kampfbund (ISK), S. 144, Beschlagnahmtes staatsfeindliches Vermögen, Bericht 1. Juli 1935, Radio Reinecke.

7Entschädigungsakte Reinecke, S. 3–6, 23.10.1956 - Reg.Präs. Entschädigungsbehörde an Adolf Reinecke.

8Ebenda, S. 9, 2.1.1951 - Kreissonderhilfsausschuss Göttingen - Haftentschädigungsbescheid Reinecke.

9Nachlass des Arbeiters Karl Meyer, Göttingen, S. 1 / 03, Der Generalstaatsanwalt, O.Js. 284/36, Kassel, den 3. August 1937, Anklageschrift.

10Entschädigungsakte Reinecke, S. 9, 2.1.1951 Kreissonderhilfsausschuss Göttingen - Haftentschädigungsbescheid Reinecke.

11Ebenda, S. 3–6, 23.10.1956 - Reg.Präs. Entschädigungsbehörde an Adolf Reinecke.

12Ebenda..

Rainer Driever