KPD in Einbeck
Im
Februar 1933 hatte die KPD
die SPD zu einer gemeinsamen Versammlung aufgefordert, die in Bad
Lauterberg stattfinden sollte. Der Unterbezirksleiter für
Göttingen, August Fricke aus Einbeck, nahm daran teil. Er
vertrat den für dieses Gebiet zuständigen
Unterbezirksleiter der KPD, Karl Peix. Hauptthema waren gemeinsame
Aktionen mit der SPD.1
Die Einbecker Kommunisten gaben mit dem Roten Echo eine eigene Zeitung heraus. Zusätzlich wurde noch der Göttinger Rote Stürmer in Einbeck verteilt oder in die umliegenden Dörfer weitergegeben. Diese Verbindung wurde nun unsicherer. Vom Roten Stürmer No. 3 (20.1.1933) war ein Paket einer Januarausgabe für den Bezirk Einbeck bestimmt, das von dem Göttinger Rudi Kräußlein an einen Kurier aus Einbeck weitergegeben werden sollte. Allerdings misslang die Übergabe der Zeitungen auf der Landstraße vor Weende, der Kurier erschien nicht.2 Zusätzlich wurden auch immer einzelne Flugblätter in Einbeck verbreitet. Das letzte trug den Titel „Generalstreik gegen die faschistische Terror-Herrschaft“ und wurde im Februar 1933, ebenfalls noch in Göttingen, verteilt.3
Die
legale Tätigkeit der KPD wurde bereits vor der
Reichstagsbrandverordnung vom 28.2.1933 eingeengt.(Verordnung
PDF)Fricke
erinnert sich: In
unserer Wohnung erfolgten oft Haussuchungen. Dann wurde das ganze
Haus besetzt und selbst eine parteilose Familie im Haus musste die
Durchsuchung ihrer Wohnung über sich ergehen lassen. Die
Haussuchungen waren erfolglos.
Ein
Provokateur hinterließ bei einem Besuch einen
kompromittierenden Brief, den er in einem Buch versteckte. Fricke
bemerkte dies, ließ den Brief verschwinden und die Haussuchung
am nächsten Tag erbrachte nicht das gewünschte
Ergebnis.
August Fricke war zum Zeitpunkt der Haussuchung im
Bezirksbüro der KPD in Hannover. Als er nach Hause kam,
vernichtete er alle Unterlagen der Partei - auch die, die noch legal
waren.4
Am 28. Februar fand eine Funktionärskonferenz des Unterbezirks in Göttingen statt, an der auch Walter Krämer als Sekretär der Bezirksleitung Hannover teilnahm. Dort war Fricke ebenfalls vertreten. Er erfuhr zusammen mit dem Göttinger Buchhändler Hans Leicher vom Reichstagsbrand und übernachtete bei dem Ehepaar Leicher. Bei der Haussuchung am nächsten Morgen gelang es ihm, sich zu verstecken. Danach kam er für kurze Zeit bei einer sozialdemokratischen Familie unter.5
Am
1.
März 1933 wurde das Einbecker Organ der KPD, das „Rote
Echo“, verboten. Kurze Zeit später wurden die Einbecker
Kommunisten Willi Schönherr, Hermann Kramer (wahrscheinlich
involviert in den Prozess um die Auseinandersetzungen am 2. Mai 1930
in Göttingen), Robert Bertram und
August Wedekind verhaftet, aber nach einigen Tagen wieder
freigelassen.6
Bei Fricke, der bereits untergetaucht war, unternahmen Polizei und
SA-Männer erneut eine gründliche Haussuchung.7
Bei der Kommunalwahl am 12. März erhielt die KPD in Einbeck noch beachtliche 476 Stimmen.8
Am 23. April 1933 wurde August Fricke in Göttingen verhaftet und zunächst als kommunistischer Funktionär in Schutzhaft genommen. 9 (Verhaftung Fricke PDF) Nach der Verhaftung von Friedrich Isches, des Politischen Leiters der KPD-Ortsgruppe Grone (incl. Haussuchung PDF) wurde gegen Fricke und Ische ein Verfahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat eingeleitet.10 Am 2. Mai wurde Fricke in das Gerichtsgefängnis überführt.11
Ende Mai teilte Bürgermeister Hildebrecht aus Einbeck dem Regierungspräsidenten in Hildesheim mit, dass im Ort auch die anderen als Kommunisten bekannten Personen unauffällig streng überwacht werden.12 Mitglieder der KPD-Einbeck, Karl Stoltenberg (u.r.), August Wedekind (o.r.), undatiert. 21
Anfang
Juli wurden die Untersuchungshäftlinge Fricke und Ische, die im
Gerichtsgefängnis in Göttingen saßen, dem
Gerichtsgefängnis in Kassel zugeführt.13
Dort
wurde bereits am 14. Juli das Urteil durch den II. Strafsenat des
Oberlandesgerichts Kassel gefällt. Der
Angeklagte Ische wurde freigesprochen, kam aber
anschließend für einige Monate in ein
Konzentrationslager.14
Fricke wurde wegen Vorbereitung
eines hochverräterischen Unternehmens
zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt.
(Urteil
Oberlandesgericht PDF)
Fricke wurde wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens am 14. 7. zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt. Der Strafantritt erfolgte noch am Tag der Urteilsverkündung, wobei die Zeit der Untersuchungshaft (2. Mai bis 14. Juli) auf das Strafmaß angerechnet werden sollte. 15(August Fricke)
Für die Zeit nach dem Frühjahr 1933 lassen sich organisierte Aktionen Einbecker Kommunisten nicht mehr nachweisen.
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Literatur und Quellen
Brinckmann, Ilse (1987): Dokumentation zur Geschichte der Stadt Einbeck, 1918 - 1945: ein chronologischer Überblick. Stadt Einbeck.
Fricke, August (1981): Erinnerungen, Begegnungen, Erfahrungen. Ein Beitrag zur Geschichte der niedersächsischen Arbeiterbewegung. Einbeck: Selbstverlag.
Gefangenenpersonalakte August Fricke: Strafgefängnis Hameln. Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann 86 Hameln Acc. 143/90 Nr. 1113.
Gefangenenpersonalakte Fritz Schaper: Strafgefängnis Hameln. Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann. 86 Hameln Acc. 143/90 Nr. 1223.
Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik: Schutzhaft. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir., Fach 31a, Nr. 2, Bd. 1.
1Fricke 1981, S. 40, Februar 1933 - KPD in Andreasberg.
2Gefangenenpersonalakte Fritz Schaper, S. 30, 31.7.1933, Urteil des Landgerichts Göttingen gegen Schaper & Gen., S. 3.
3Fricke 1981, S. 38.
4Ebenda, S. 41, Frühjahr 1933 - Fricke - Einengung der KPD-Tätigkeit schon vor Verbot.
5Fricke 1981, S. 41, 28.2.1933 - Funktionärskonferenz in Göttingen.
6Brinckmann 1987, S. 44.
7Fricke 1981, S. 41, 28.2.1933 - Funktionärskonferenz in Göttingen.
8Ebenda, S. 42.
9Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik, S. 144, Bericht Griethe, Zahl der Schutzhäftlinge, 28. April 1933.
10Ebenda, S. 144v, Bericht Griethe, Zahl der Schutzhäftlinge, 28. April 1933.
11Ebenda, S. 148v, Bericht Ippensen, Zahl der Schutzhäftlinge, 13. Mai 1933.
12Brinckmann 1987, S. 50, 31.5.1933 - Überwachung der Kommunisten.
13Gefangenenpersonalakte August Fricke, S. 49, 3.7.1933 Generalstaatsanwalt an Gerichtsgefängnis Kassel.
14Fricke 1981, S. 43–44.
15Gefangenenpersonalakte August Fricke, S. 30, 19.7.1933 Generalstaatsanwalt Kassel an Direktor Strafgefängnis Hameln- Fricke.
Rainer Driever