Der Internationale Sozialistische Kampfbund (ISK)
Bereits
der 1917 von Leonard Nelson gegründete Internationale
Jugendbund (IJB) hatte sich programmatisch auf Vegetarismus,
Atheismus, Alkohol- und Tabakabstinenz sowie persönliche
Enthaltsamkeit festgelegt. Da programmatisch dem Erziehungsgedanken
ein großer Stellenwert beigemessen wurde, betrieb der Bund ab
1922 in der Walkemühle bei Melsungen in Nordhessen ein
Landerziehungsheim (Seite zur Walkemühle
von Ralf Schaper). Dessen Träger war die
Philosophisch-Politische Akademie (Seite
der PPA),
deren Vorsitzende Minna Specht war.
Das
Thema des Verhältnisses von IJB und SPD und die Vorgeschichte
des Parteiausschlusses 1925 ist für Göttingen durch Ulrich
Breuker 1974 anschaulich dargestellt worden.
Seit 1923 wurde für
die IJB'ler die Mitgliedschaft in der SPD obligatorisch. Sie widmeten
sich innerhalb der Partei erfolgreich der Frauen- und Jugendarbeit.
Ihre
Frauen-Arbeitsgemeinschaft,
die später Politische
Frauengruppe
genannt wurde, bekam dadurch ein anderes Profil. Erna Siem, Mitglied
des IJB und des LKB (Lehrerkampfbund)
übernahm zu Beginn des Jahres 1925 die Leitung von Luise Henkel.
Eine thematische Orientierung an genuinen IJB-Themen schlug sich auch
in der Wahl der Referenten (meist Willy Eichler und Rudolf Küchemann)
für die Veranstaltungen der Frauengruppe nieder. Thematische
Veränderungen brachte der IJB auch mit dem Atheismus in die
Parteiarbeit ein. Im Laufe des Jahres 1924 wurde die
Auseinandersetzung mit Sozialismus und Religion, Staat und Kirche von
den IJB'lern vorangetrieben.1
Die rhetorisch geschulten IJB'ler erreichten meist innerhalb der SPD organisatorisch wichtige Positionen. Fritz Schmalz arbeitete ab 1923 als Redakteur im SPD-eigenen Volksblatt und leitete ab 1924 die Jungsozialisten, war also in dem für den IJB wichtigen Feld der Erziehungs- und Jugendarbeit tätig. 1925 war er stellvertretender Kreisvorsitzender und für kurze Zeit Vorsitzender des Ortsvereins Göttingen.2
Konflikte
um die SPD-Kulturpolitik (SPD-Angriffe auf die Freidenker) und vor
allem die
Unterstützung der SPD für den Zentrumsabgeordneten Wilhelm
Marx bei der Reichspräsidentenwahl führten 1925 zum Bruch:
Ende des Jahres 1925 wurden, nicht
nur in Göttingen, die Mitglieder des IJB aus der SPD
ausgeschlossen. Das war die
Geburtsstunde des Internationalen
Sozialistischen Kampfbundes
(ISK). Leonard Nelson, der Gründer des IJB, schuf auch diese
Organisation, und zwar unmittelbar nach dem Ausschluss des IJB aus
der SPD. Er berief für den 28./29. November 1925 eine
Funktionärsversammlung in die Walkemühle ein.
Auf
der Versammlung legte er die wichtigsten Grundlagen der neuen
Organisation dar, die sich thematisch an die Arbeit
des IJB anschloss.3
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Literatur und Quellen
Breuker, Ulrich (1974): Die SPD in Göttingen. Eine Studie zum Wiederaufbau und zur Entwicklung der Partei 1945 - 1949 unter Berücksichtigung ihrer lokalen Geschichte während der Weimarer Zeit. Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. Göttingen.
Karteikarten Popplow-Box. Stadtarchiv Göttingen, Dep. 77 II, Nr. 110.
Lemke-Müller, Sabine (1988): Ethischer Sozialismus und soziale Demokratie: der politische Weg Willi Eichlers vom ISK zur SPD. Bonn. (Reihe Politik- und Gesellschaftsgeschichte 19).
1Breuker 1974, S. 23, 1925 - Einfluss IJB auf die Frauenarbeit in der SPD.
2Karteikarten Popplow-Box, S. 25.
3Lemke-Müller (1988), S. 54.
Rainer Driever