Aloys Home

wurde am 12.4.1916 in Uder, Kreis Heiligenstadt, geboren. Home wohnte im Rosdorferweg. Er lernte Feinmechaniker und war bei der Göttinger Firma Mahr als Lehrenbauer beschäftigt.

Am 30. September 1944 wurde er in das Gerichtsgefängnis Göttingen eingeliefert.1 Am Vortag habe Home nicht öffentlich eine gehässige und hetzerische Äußerung über eine leitende Persönlichkeit des Staates und der NSDAP gemacht, die nach § 2 des Heimtückegesetzes vom 20.12.1934 strafbar sei. Mit Rücksicht auf die zu erwartende empfindliche Freiheitsstrafe galt Home als fluchtverdächtig.2

Anlass dafür war die Meldung des Betriebsobmanns bei Mahr an den Kreisleiter vom 29. September: Während ihrer heutigen Besprechung mit dem Gauleiter und unserem Betriebsführer Herrn Mahr auf unserem Werksgelände äußerte sich der in unserem Betrieb beschäftigte Lehrenbauer Aloys Home (…) wie folgt: „Da ist ja das Stück Scheiße!“ Kurz darauf erschien Home und ich stellte ihn wegen der Äußerungen zu(r) Rede. Home sagte, ich habe nur gesagt, da ist ja das Stückchen.3

Einen Tag später wurde der Universalfräser Heinrich Endelhardt, ebenso beschäftigt bei Feinprüf, vorgeladen und zur Sache vernommen. Home wäre an ihm vorbeigegangen und habe aus dem Fenster gesehen. Auf dem Hof warteten der Gau- und der Kreisleiter. Dabei sagte Home laut und aus vollem Herzen: „Da ist ja dieses Stückchen Scheiße.“ In der Nähe arbeitet der Vorarbeiter Birkenkamp und ein ausländischer Arbeiter. Beide haben diesen Ausspruch deutlich gehört.4

Ebenfalls am 30. September gab Home, mit den Aussagen konfrontiert, seine Äußerung zu: (…) Wenn mir vorgehalten wird, gesagt zu haben (…) „Da ist ja das Stückchen Scheiße“, so muss ich dazu sagen, daß ich das Wort „Scheiße“ (…) nicht ganz ausgesprochen habe. Während ich die Äußerung machte, legte der Vorarbeiter Birkenkamp den Finger an den Mund, worauf ich dann das letzte Wort nicht mehr ganz aussprach. Ich gebe aber zu, daß ich auch das letzte Wort noch ganz ausgesprochen hätte, wenn mich der Vorarbeiter nicht daran zuletzt noch gehindert hätte. (…)5

Die Gauleitung stellte am 22. November einen Strafantrag gegen den Beschuldigten Aloys Home.6 Am 28. Februar 1945 fand die Verhandlung gegen ihn in einer öffentlichen Sitzung des Sondergerichts bei dem Landgericht Göttingen statt (StA Hannover 6 S Ms 9/45 ).7 In der Urteilsbegründung hieß es: Der Angeklagte hat über den Gauleiter Lauterbacher öffentlich eine gehässige Aeusserung getan und diesen damit beleidigt. Er wird deshalb zu 6 Monaten Gefängnis unter Anrechnung von 4 Monaten Untersuchungshaft verurteilt. Der Richter führte weiter aus: derart gehässige Äußerungen (…) bedeuten gerade mit zunehmender Dauer des Krieges eine grosse Gefahr für das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung. Hinzu kommt, daß der Angeklagte die Aeusserung dazu noch in Gegenwart von Ausländern getan hat, die dadurch ein völlig falsches Bild von der Einstellung des deutschen Arbeiters zu der politischen Führung bekommen müssen. 8

Home wurde im Gerichtsgefängnis Göttingen inhaftiert. Seine Haftzeit zählte ab dem 21. Februar 1945. Er wurde am 3. April 1945 auf Anordnung des Oberstaatsanwalts Göttingen vorzeitig entlassen.9

Ob Homes Antrag auf Geschädigtenrente für die Haftzeit vom 30. September 1944 bis zum 3. April 1945 im Jahre 1953 bewilligt wurde, bleibt unklar.10



_____________________________________________________________________

Quelle:

Sondergerichtssachen Aloys Home, Uder. Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann. 171a Acc. 197/83 Nr. 1106.



1Sondergerichtssachen Aloys Home, S. 9.

2Ebenda, S. 8, 2.10.1944, Haftbefehl Amtsgericht Göttingen – Home.

3Ebenda, S. 1, 29.9.1944, Betriebsobmann Mahr an Kreisleiter – Home.

4Ebenda, S. 2, 30.9.1944, Vorladung Universalfräser Heinrich Endelhardt Weende - Home.

5Ebenda, S. 3–5, 30.9.1944, Stapo-Außendienststelle Göttingen - Vorführung des Aloys Home.

6Ebenda, S. 23, 22.11.1944, Gauleitung an Oberstaatsanwalt Hannover- Home.

7Ebenda, S. 33, 28.2.1945, Öffentliche Sitzung des Sondergerichts bei dem Landgericht 

8Ebenda, S. 36–37.

9Ebenda, S. 44, Handakten Staatsanwaltschaft Sache Home.

10Ebenda, S. 43, 10.4.1953, Kreissonderhilfsausschuss f.d. Regierungsbezirk Hildesheim – Home.

Rainer Driever