Adolf Kreitz

wurde am 8.1.1904 in Geismar geboren und wuchs zusammen mit vier Schwestern und vier Brüdern auf. Er besuchte die Volksschule in Göttingen und absolvierte zunächst eine dreieinhalbjährige Schlosserlehre in der Stadt. Nach einiger Zeit machte er eine erneute Lehre als Maler bei seinem Vater, arbeitete aber zuletzt als Tiefbauarbeiter. Kreitz war seit September 1925 mit Luise Lüdecke aus Stockhausen (14.2.1904) verheiratet und hatte mit ihr 6 Kinder (die 1933 acht, sechs und drei Jahre alt waren, seine anderen Kinder sollten 1933, 1939 und 1942 geboren werden). Die Familie wohnte ab 1927 in der Paulinerstraße. Seit Mai 1931 war Kreitz arbeitslos. 1

Adolf Kreitz war politisch in der KPD-Ortsgruppe aktiv und in die Auseinandersetzung mit der NSDAP involviert. So auch am Abend des 2. Mai 1930, an dem sieben Nationalsozialisten und drei Kommunisten schwer verletzt wurden. Fritz und Helmut Schmalz hatten zunächst Anzeige erstattet, die aus Mangel an Beweisen niedergeschlagen wurde. Daraufhin klagten die Nationalsozialisten und am 7. Mai wurde Kreitz zusammen mit Helmut Schmalz, Oskar Knodt und einer weiteren Person festgenommen. Die Vier saßen bis zum September in Untersuchungshaft. Der Prozess begann am 14. September und der Staatsanwalt beantragte hohe Freiheitsstrafen.2 Verurteilt wurden die Angeklagten zu Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurden.3

Vom März bis Anfang Mai 1933 war Adolf Kreitz an der Herstellung des inzwischen illegalen Roten Stürmers beteiligt. Am 8. Mai wurde er deswegen in Schutzhaft genommen.4 Eine Woche später wurde er in Untersuchungshaft in das Göttinger Gerichtsgefängnis überführt, weil die Polizei Verdunkelungsgefahr sah und weil er als staatsgefährlich zu bezeichnen ist.5 Zur beabsichtigten Inhaftierung im Konzentrationslager Moringen kam es nicht mehr. Am 31.7. 1933 wurde Kreitz von der Ferien-Strafkammer des Landgerichts Göttingen zu zehn Monaten Haft (unter Anrechnung der zweieinhalbmonatigen Untersuchungshaft) wegen Vergehen gegen die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 verurteilt. Er war geständig. Seine Mitangeklagten erhielten Gefängnisstrafen von bis zu eineinhalb Jahren. Kreitz wurde vor allem zur Last gelegt, dass er die Zeitung georgelt hätte, d.h. auf einem Vervielfältigungsapparat mit Handkurbel von einer Matrize abgezogen.6 (Urteil Roter-Stürmer PDF)

Am 8. August wurde Kreitz zusammen mit den anderen Verurteilten in das Strafgefängnis Hameln überführt. 7 Er wurde in Gemeinschaftshaft untergebracht; ob er mit seinen Göttinger Genossen eine Zelle teilte, ist aber unbekannt. Beschäftigt wurde er vor allem mit Kartoffelschälen.8 Gesundheitlich ging es ihm nicht gut, Kreitz klagte über Diphterie und Wassereinlagerungen im Knie.9 Während seiner Haft schrieb er an seine Frau und beantragte im November 1933 die Möglichkeit zum Aufhängen eines Familienbildes.10

Die Gefangenen unterlagen strenger Beobachtung, die mitunter auch zu kuriosen Anzeigen seitens der Wärter führte. Am 7.1.1934 schrieb ein Vollzugsbeamter zu Kreitz: Hat heute morgen beim Waschen sein Hemd nicht runtergezogen.11 Ob dies disziplinarisch geahndet wurde, ist unbekannt. In seinem Gnadengutachten attestierte der Direktor der Strafanstalt Hameln Kreitz eine ordentliche Führung und eine zufriedenstellende Arbeitsleistung. Aber er stellte auch fest: (...) Innerlich hat ihn die Strafe bisher wenig berührt. Bedauern und Besserungswillen ließ er bisher nicht erkennen. Seine staatsfeindliche Einstellung hat er noch nicht aufgegeben. Für einen Gnadenerweis fehlen die inneren Voraussetzungen.12

Am 23.2.1934 wurde Adolf Kreitz in ordentl.(ichem) Anzug und Schuhwerk nach Göttingen entlassen.13 In seinem Lebenslauf für die Gefängnisakte schrieb Kreitz noch auf die Frage nach seinen Plänen, dass er gerne wieder arbeiten möchte. Seine Arbeitssuche wird sich aufgrund des politischen Charakters seiner Haft schwierig gestaltet haben. Noch im Frühjahr 1935 scheiterte er mit der Anfrage nach Beschäftigung bei der Luftmunitionsanstalt in Lenglern.14



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Literatur und Quellen:

Anfragen und Beobachtungen über Personen in politischer Hinsicht: Personenbeobachtung. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 31a, Nr. 14.

Bons, Joachim; Denecke, Viola; Duwe, Kornelia; Löneke, Regina; Tapken, Bernd (Hg.) (1986): "Bohnensuppe und Klassenkampf". Das Volksheim: Gewerkschaftshaus der Göttinger Arbeiterbewegung von der Entstehung im Jahre 1921 bis zu seiner Zerstörung 1944. Göttingen.

Gefangenenpersonalakte Adolf Kreitz: Strafgefängnis Hameln. Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann. 86 Hameln Acc. 143/90 Nr. 1221.

Gefangenenpersonalakte Fritz Schaper: Strafgefängnis Hameln. Hauptstaatsarchiv Hannover, Hann. 86 Hameln Acc. 143/90 Nr. 1223.

Internationaler Jugend-Bund (IJB) / Internationaler Sozialistischer Kampfbund (ISK), Aktengruppe: ISK, Korrespondenz A (1925-1933), ISK-Untergliederungen an Bundesvorstand: Briefe, Berichte 1930-33. Archiv der sozialen Demokratie, 4/IJB-ISK000012.

Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik: Schutzhaft. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 31a, Nr. 2, Bd. 1.



1Gefangenenpersonalakte Adolf Kreitz, S. 15, 1.9.1933 - Lebenslauf Kreitz.

2Bons et al. 1986, S. 59, 2.9.1930 - Briefauszug - August Stapel an Heinrich Schlieper.

3Internationaler Jugend-Bund (IJB) / Internationaler Sozialistischer Kampfbund (ISK), Aktengruppe: ISK, Korrespondenz A (1925-1933), ISK-Untergliederungen an Bundesvorstand, S. 8, 23.9.1930- Willi Eichler an OVV.

4Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik, S. 147v, Bericht Ippensen, Zahl der Schutzhäftlinge, 13.05.1933.

5Gefangenenpersonalakte Adolf Kreitz, S. 28, 15.5.1933 - Untersuchungshaft Kreitz.

6Gefangenenpersonalakte Fritz Schaper, S. 28, 31.7.1933 - Urteil Landgericht Göttingen gegen Schaper & Gen., S. 1.

7Gefangenenpersonalakte Adolf Kreitz, S. 17, 19.8.1933 - Urteil gegen Kreitz.

8Ebenda, S. 10, 08.1933 - Nachweisung Beschäftigung Kreitz.

9Ebenda, S. 15, 1.9.1933 - Lebenslauf Kreitz.

10Ebenda, S. 6v, 6.11.1933 - Anträge Kreitz.

11Ebenda, S. 12, 7.1.1934 - Anzeigen Kreitz.

12Ebenda, S. 25, 25.2.1934 - Gnadengutachten Kreitz.

13Ebenda, S. 26, 23.3.1934 - Entlassungsvermerk Kreitz.

14Anfragen und Beobachtungen über Personen in politischer Hinsicht, S. 251, Bericht Ortspolizei an Luftmun.Anst. Lenglern, 24.4.1935.

Rainer Driever