Else Heinemann und Elisabeth Vogel

Elisabeth Vogel (*24.5.1906 in Berlin) engagierte sich wie Else Heinemann (*24.6.1905 in Herberhausen) politisch für die KPD in Göttingen. Beide wurden im August 1933 als KPD-Funktionärinnen in Schutzhaft genommen, Vogel am 9.8., Heinemann am 19.8.1 Am 23.8. wurden die beiden zusammen mit dem Göttinger Kommunisten Gustav Kuhn und den beiden Fürsorgezöglingen Heinrich Gebhardt und Otto Klotz in das Moringer Konzentrationslager gefahren.

Gebhardt und Klotz wurden am 2.10.33 aus dem Konzentrationslager entlassen und wieder in das Göttinger Landeserziehungsheim gebracht.2 Die Ortspolizei wandte sich in den drei anderen Fällen bereits Ende September an den Regierungspräsidenten und bat diesen, die von uns weiter in Moringen untergebrachten Schutzhäftlinge Gustav Kuhn, Else Heinemann und Elisabeth Vogel wegen ihres kurzen Dortseins erst am 11. November zu entlassen.3 Vorausgegangen war ein Erlass des Innenministers zur Überprüfung der Schutzhäftlinge.

Beide Frauen wurden aufgrund der sog. Weihnachtsamnestie aus dem Konzentrationslager entlassen.

Im Februar 1934 meldete sich die Kreisleitung bei der Göttinger Polizei und trug ihr den Fall Hugo Dornieden und Else Heinemann vor, ein Fall von „typisch kommunistischer Verwahrlosung“. Beide lebten zusammen in einer Wohnung in der Neustadt 22, beide waren von ihrem jeweiligen Ehepartner getrennt. Erschwerend kam hinzu, dass Heinemann ihre Kinder bei einer Bekannten im Ebertal untergebracht hatte. Der Ehemann dieser „Pflegemutter“ sollte zudem als Kommunist in Hannover eine Gefängnisstrafe verbüssen. Die Kreisleitung fügte zur Komplettierung der Geschichte noch ein paar „belastende“ Details hinzu: Dornieden und Frau Heinemann verkehren mit einer Frau Bartels, Ebertal C 2, die ebenfalls von ihrem Mann getrennt ist. Ferner bei einer Frau Kreußlein(!), Maschmühlenweg, deren Mann in Haft sitzt. Ferner unterhält Dornieden Verkehr mit dem Kommunisten Gustav Kuhn, Rosdorferweg. Dornieden selbst ist ein völlig verwahrloster Geselle, ohne sittlichen Halt und in dem Glauben, heute auf Kosten des Wohlfahrtsamtes Huren und dunklen Umgang ungestraft betreiben zu können.

Wir bitten, den Dornieden streng zu beobachten und ihn anzuweisen, den Schlafverkehr mit der Frau Heinemann aufzugeben. Er gehört in seine Familie zurück. Die Scheidungsklage läuft zwar, wir sind aber überzeugt, dass D. der schuldige Teil ist. Ebenso ist Frau Heinemann anzuhalten, ihren Umgang mit D. aufzugeben. Das Haus Neustadt 22 ist zu vergleichen mit dem Hause Leinestraße 15. Diese beiden Häuser erfordern, jedes für sich, sofortiges Eingreifen der Baupolizei, der Sittenpolizei und nicht zuletzt der Kriminalpolizei. Wir bitten um entsprechende Veranlassung.4

Die Dringlichkeit des Einschreitens sah die Ortspolizei etwas anders: Der Arbeiter Hugo Dornieden und die Ehefrau Else Heinemann sind vor 8 Wochen von Neustadt 22 nach Rosdorfer Weg 12, bei Ortmanns, verzogen. Sie haben getrennte Schlafstellen. Ein polizeiliches Einschreiten ist nicht gegeben. Dornieden ist geschieden und wird von der Stadtverwaltung bei Notstandsarbeiten eingesetzt. Die Scheidung Heinemann ist noch nicht vollzogen. Die H. war bei der hiesigen Friedhofsverwaltung beschäftigt, ist z.Zt. jedoch krank und arbeitsunfähig. Bei fortlaufenden Beobachtungen des Dornieden, der Heinemann, der Kräusslein und des Kuhn sind Beweise für eine staatsfeindliche Zusammenarbeit nicht erbracht werden können (!).5

Zu Elisabeth Vogel:

http://zersetzer.blogsport.de/2012/07/02/rebellin-lieschen-vogel/



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Quellen:

Anfragen und Beobachtungen über Personen in politischer Hinsicht: Personenbeobachtung. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 31a, Nr. 14.

Schutz des deutschen Volkes (Schutzhaft): Schutzhaft, Haussuchungen, Notverordnungen. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 31a, Nr. 1, Bd. 2.

Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik: Schutzhaft. Stadtarchiv Göttingen, Pol. Dir. Göttingen, Fach 31a, Nr. 2, Bd. 1.



1Verordnung über Verhängung des Ausnahmezustandes und Schutz der Republik, S. 184

2Ebenda, S. 289, Ortspolizei an Regierungspräsidenten, Stand Schutzhäftlinge, 21.10.1933.

3Schutz des deutschen Volkes (Schutzhaft), S. 60v, Ortspolizei Göttingen, Überprüfung Schutzhaftanordnungen, 27.9.1933.

4Anfragen und Beobachtungen über Personen in politischer Hinsicht, S. 66-66v, NSDAP-Kreisleitung an Kripo Göttingen: Hugo Dornieden;, 11.2.1934.

5Ebenda, S. 75–76, Bericht Alster zur Anzeige durch Kreisparteileitung, 29.6.1934.

Rainer Driever