Willi Eichler

(07.01.1896 - 17.10.1971)

(Decknamen u.a. Bill und Eclair)

wurde am 7.1.1896 als Sohn eines Postbeamten und kaufmännischen Angestellten in Berlin geboren. Der gelernte Kalkulator nahm von 1915 bis 1918 als Soldat in Rußland und Frankreich am 1. Weltkrieg teil. 1919 kam er in Kontakt mit der Lehre Leonard Nelsons, wurde Mitglied der SPD und des IJB, wo er zunächst als stellvertretender Berliner Ortsgruppenleiter fungierte, sich daneben aber auch in der Bildungsarbeit engagierte. 1922 ging er in die Walkemühle und war fortan hauptberuflich im IJB tätig. Während er in Göttingen von 1923 bis 1927 als Privatsekretär Nelsons arbeitete, gehörte er dem IJB-Vorstand an und war von 1924 bis 1925 Zweiter Vorsitzender des Deutschen Freidenkerverbandes in Göttingen. Nach 1927 war er faktisch ISK-Vorsitzender und deutscher Vertreter der „Militant Socialists lnternational”. Ab 1929 gab er die Zeitschrift „isk“ heraus, von 1932 bis 1933 die Zeitung „Der Funke”. Im Dezember 1933 wanderte er über das Saarland nach Paris aus, um dort die ISK-Emigrationszentrale aufzubauen. Durch Kontakte zu Edo Fimmen ergab sich eine Zusammenarbeit mit der ITF. Eichler war Herausgeber der „Neuen politischen Briefe“ (später Reinhart-Briefe), der „Sozialistischen Warte“ (1934-1940), „Le Rappel“ (1938) und „Das Buch“ (1938-1940). Zudem engagierte er sich im Arbeitsausschuß deutscher Sozialisten und für die Revolutionären Sozialisten Österreichs. Als ihn die französischen Behörden im April 1938 wegen politischer Betätigung auswiesen, ging er zunächst bis Januar 1939 nach Luxemburg‚ dann nach London. Auch dort hatte Eichler die zentrale Rolle im ISK inne, zunächst ab 1941 als Mitherausgeber – neben Werner Hausen – der ISK-Zeitschriften „Renaissance“ (Volltexte AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung) und „Europe Speaks“ (Volltexte AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung) und Verfasser zahlreicher ISK-Broschüren, ab 1942 auch als Mitarbeiter der „German Educational Reconstruction“ sowie der Deutschlandabteilung der BBC. Noch 1941 trat er mit dem ISK in die Union deutscher sozialistischer Organisationen in Großbritannien ein, außerdem in die Landesgruppe deutscher Gewerkschafter in Großbritannien. Kurz vor Kriegsende, im Februar 1945, gab er das gewerkschaftliche Deutschlandprogramm der Gruppe mit heraus. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland trat Eichler‚ der seit Dezember 1945 der Vereinigung deutscher Sozialdemokraten in Großbritannien angehörte, in die SPD ein und wurde Anfang 1946 Chefredakteur der „Rheinischen Zeitung“ in Köln. Außerdem schrieb er als Redakteur für die Zeitschrift „Geist und Tat” und von 1945 bis 1949 für die SPD. Er war führend am Aufbau der rheinischen SPD beteiligt; darüber hinaus wirkte er von 1946 bis 1968 im Parteivorstand der SPD und beeinflußte später maßgeblich die Ausarbeitung des Godesberger Programms der SPD von 1959. Sein Wirkungskreis erstreckte sich aber noch weiter, so war Eichler Mitglied des Landtags in Nordrhein-Westfalen (1947-1948), des Frankfurter Wirtschaftsrates (1948-1949), des Bundestages (1949-1953) sowie des Europarats. Außerdem war er in der Sozialistischen Internationale sowie im Vorstand der Friedrich-Ebert-Stiftung aktiv. Willi Eichler starb am 17.10.1971 in Bonn.1



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Literatur

Rüther, Martin (1998): Deutschland im ersten Nachkriegsjahr: Berichte von Mitgliedern des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) aus dem besetzten Deutschland 1945/46. Unter Mitarbeit von Uwe Schütz und Otto Dahn (Hrsg.). München: Saur (Texte und Materialien zur Zeitgeschichte).



1Rüther 1998, S. 554–555, Eichler, Willi; biografische Daten.

Rainer Driever