Chronik für das Jahr 1949

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1. Juni 1949

In Gegenwart höherer Offiziere der Heilsarmee, der britischen Militär-Regierung und deutscher Behörden fand die Eröffnung des von der Heilsarmee geschaffenen Jugendwohnheimes statt. Es ist eine im Innern wohnlich ausgestattete Baracke in der Friedrich-Naumann-Straße.

3. Juni 1949

Mit mehreren hundert Teilnehmern, darunter vielen Ausländern, tagte vom 3. bis 9. Juni der Deutsche Esperanto-Kongreß in Göttingen. Die Kongreßsprache war Esperanto, nur bei der feierlichen Eröffnung im "Stadtpark" und einem Werbeabend in der Felix-Klein-Oberschule wurde auch deutsch gesprochen. Die Schirmherrschaft der Tagung hatte der Niedersächsische Kultusminister Voigt.

4. Juni 1949

Nach 22 stündiger, von starker Anteilnahme der Öffentlichkeit begleiteter Verhandlung wurden nachts gegen 23 Uhr die Urteile in dem großen Göttinger "Bandenspringerprozeß" gefällt: insgesamt 15 Jahre Gefängnis. Es handelt sich um Banden, die lange Zeit hindurch Güterzüge der Besatzung durch Aufspringen und Abwurf von Gütern bestohlen haben.

Der lange von der britischen Militär-Regierung als "Toc H" (Soldatenheim) beschlagnahmte "Stadtpark" ist vor Längerem wieder freigegeben worden, der öffentliche Gaststättenbetrieb wurde heute wieder eröffnet. Das "Toc H" ist jetzt in das Haus der ehemaligen Burschenschaft "Brunsviga", Schildweg 40, verlegt.

5. Juni 1949

In dem wiederaufgebauten Südflügel des Bahnhofsgebäudes, der 1945 durch Bomben zerstört war, wurde die Bahnhofsgaststätte neueingerichtet, die mit einem großen Speisesaal und einem davorgelagerten Terrassengarten eine der schönsten Göttinger Gaststätten geworden ist.

Von heute ab verkehren die Städtischen Autobusse auch an Sonn- und Feiertagen auf allen Linien wieder.

9. Juni 1949

Aus Anlaß des Geburtstages des englischen Königs Georgs VI. veranstaltete die britische Besatzung eine Parade des hier stationierten 1. Bataillons des Worcestershire-Regiments. Auf dem Marktplatz nahm der Kommandeur den Vorbeimarsch ab. Das seltene Schauspiel hatte viele Göttinger angelockt.

10. Juni 1949

In der Universitäts-Frauenklinik fand vom 10. bis 12. Juni die 18. Tagung der Augenärzte Nordwestdeutschlands statt.

11. Juni 1949

Das Niedersächsische Staatsministerium genehmigte den Ratsbeschluß auf Pensionierung des beurlaubten Oberstadtdirektors Glahn, wie den weiteren Ratsbeschluß, den früheren Oberstadtdirektor und derzeitigen Amtsgerichtsdirektor Erich Schmidt auf ein Jahr wieder als Leiter der Stadtverwaltung einzustellen. Oberstadtdirektor Schmidt hat daraufhin sein Amt im Rathaus heute wieder angetreten.

12. Juni 1949

Die in der Chorgemeinschaft vereinten Göttinger Sänger und Sängerinnen veranstalteten vom 12. bis 19. Juni eine "Woche des Chorgesanges" und sangen während dieser Zeit täglich auf Plätzen, in Lazaretten, Kliniken und Heimen. An zwei Abenden gaben sie zwei große Chorkonzerte im "Stadtpark".

Zur Zeit beträgt der tägliche Zugverkehr auf Bahnhof Göttingen an Werktagen 140 Züge (darunter 24 Schnellzüge), an Sonn- und Feiertagen, an denen der Haupt-Güterzugverkehr ruht, rund 80. In Göttingen stehen derzeit 75 Lokomotiven einsatzbereit, der dem Bahnhof zugewiesene Heimatwagenpark umfaßt 178 Personen- und 20 Packwagen.

Der Bezirk des Betriebsamtes Göttingen reicht von Eichenberg bis Elze, das sind 180 km Haupt- und 50 km Nebenbahn-Strecken mit 22 Bahnhöfen, 10 Bahnmeistereien, 3000 Mann Personal.

22. Juni 1949

Die Universität beging ihren Tag der Universitäts-Meisterschaften in Leichtathletik auf dem Universitäts-Sportfeld an der Goßlerstraße. Den Höhepunkt bildete abends ein großes Feuerwerk, das erste Zeit 10 Jahren wieder.

27. Juni 1949

Als erste Schulen Niedersachsens führte die Felix-Klein-Oberschule und Oberschule für Mädchen einen Schüler- und Schülerinnen-Austausch mit dänischen Schulen durch. 34 dänische Schüler und Schülerinnen kamen nach Göttingen und blieben 10 Tage in ständiger Kameradschaft mit hiesigen Schülern. In der Aula der Felix-Klein-Oberschule fand aus diesem Anlaß ein festlicher Empfang statt.

Vor dem Entnazifizierungsausschuß wurde der frühere Göttinger Oberbürgermeister Albert Gnade (Bürgermeister von 1934 bis 39, Oberbürgermeister von 1939 bis 45) in die Gruppe IV (Mitläufer) eingestuft mit der Beschränkung, nur die Hälfte seiner Pension beziehen zu dürfen und nicht mehr zu öffentlichen Körperschaften wählbar zu sein. Entlastend für ihn, den alten Nationalsozialisten mit dem Goldenen Ehrenzeichen der Partei und SS-Brigadeführer, war nicht zuletzt, die Stadt im April 1945 den anrückenden amerikanischen Truppen - entgegen dem für alle Städte von Hitler erlassem Verbot - kampflos übergeben und damit Blutvergießen und Zerstörung vermieden zu haben. Gegen die Einstufung hat der öffentliche Kläger Berufung eingelegt.

Das seit einigen Tagen in Göttingen und Rittmarshausen stattfindende Treffen studentischer Vertreter der Westzonen mit solchen der sowjetischen Besatzungszone mußte wegen grundsätzlichen politischen Meinungsverschiedenheiten, die nicht überbrückt werden konnten, abgebrochen werden.

28. Juni 1949

Auf Einladung der evangelischen Studentengemeinde sprach der Landesbischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, D. Dr. Lilje, in der überfüllten Aula der Felix-Klein-Oberschule über "Goethe und die Religion".

29. Juni 1949

Vor der Strafkammer des Göttinger Landgerichts fand der Prozeß gegen zwei Angestellte der Allgemeinen Ortskrankenkasse statt, die in der Zeit von Juni 1948 bis Februar 1949 insgesamt 16.000 DM unterschlagen haben und dies dadurch zu tarnen suchten, daß sie 235 gefälschte Eintragungen in die Kranken-Kartei führten.


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