Chronik für das Jahr 1948

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1. Oktober 1948

Am 1. Oktober waren in Göttingen noch immer 1750 Familien mit über 6200 Personen unterzubringen.

Vom 1. bis 3. Oktober hielt die Deutsche Friedensgesellschaft, Bund der Kriegsgegner, ihren diesjährigen Bundestag in Göttingen ab.

Aus Anlaß des 40 jährigen Bestehens der Berufsfeuerwehr fand in der Feuerwache am Ritterplan eine Feier statt, bei der Oberstadtdirektor Glahn die Verdienste der Wehr würdigte.

Das Gebrüder Reinhold-Stift in der Reinhäuser Landstraße beging sein 50 jähriges Bestehen in einer schlichten Feier.

Nachts 2 Uhr wurde die Sommerzeit durch Zurückstellen der Uhren um eine Stunde wieder aufgehoben.

9 Göttinger Studenten flogen nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Sie sind die ersten Studenten, die im Rahmen einer großen Aktion aus Deutschland zum Studium in die Vereinigten Staaten gehen.

Das Hilfskrankenhaus Rohns, das am 1. Dezember 1945 zur Aufnahme kranker Ostvertriebener und Rußlandheimkehrer eingerichtet war, wurde von der Regierung in Hildesheim als dem bisherigen Träger an das Evangelische Hilfswerk übergeben, das die Anstalt unter dem Namen "Evangelisches Krankenhaus Göttingen-Rohns" weiterführt. Leitender Arzt ist zur Zeit Dr. med. Paschlau, bisher Chefarzt des Waisenhauses und Kinderasyls der Stadt Berlin. Das Krankenhaus hat 250 Betten, darunter 13 für Männer mit offener Tuberkulose und 30 für tuberkulöse Kinder.

4. Oktober 1948

Das Göttinger Handwerk beging wieder den Tag der jahrhundertealten Gildewahl. Auf den traditionellen Frühgottesdienst in St. Johannis mit der "Regimentspredigt" folgte ein Festakt im Theater, bei dem der Kreishandwerksmeister, Bauermeister Machleidt, der Präsident des Handwerkskammertages der britischen Zone, Uhlemeyer-Hannover, sowie als Vertreter des Niedersächsischen Wirtschaftsministeriums Staatssekretär Sachse sprachen. Das Städtische Orchester umrahmte die Feier mit musikalischen Darbietungen. Mittags war in der Rathaushalle der übliche Empfang der neugewählten Obermeister durch die Stadt, Oberbürgermeister Arnholdt hielt eine Ansprache. Am Abend feierten nach altem Brauch die einzelnen Innungen für sich.

8. Oktober 1948

In diesen Tagen machte die Cinophon-Film-Gesellschaft Berlin, die zur Zeit in den Ateliers der Göttinger Filmaufbau-Gesellschaft einen Film dreht, an verschiedenen Stellen der Stadt Außen-Aufnahmen. Sie fanden bei der Bevölkerung lebhaftes Interesse, zumal bekannte Filmschauspieler, wie Hannelore Schroth und Willy Fritsch, dabei mitwirkten.

Am 8. und 9. Oktober wurde in Göttingen die erste Fachtagung der Berufsfeuerwehren der britischen Zone abgehalten.

11. Oktober 1948

Die Reichsbahn nahm eine Kraftomnibuslinie von Göttingen über Groß Ellershausen - Elliehausen - Holtensen - Parensen - Lütgenrode - Wollbrechtshausen - Hevensen - Gladebeck - Thüdinghausen - Moringen - Iber - Edemissen - Odagsen nach Einbeck in Betrieb.

Das Institut für Erziehung und Unterricht eröffnete in einer Feierstunde eine Abendschule für Berufstätige. Diese Schule soll in Abendkursen zur mittleren wie zur Hochschulreife führen und denen die Wege ins Leben ebnen, die keine Gelegenheit haben, eine höhere Schule zu besuchen. Professor Nohl als erster Vorsitzender des Kuratoriums hielt eine programmatische Ansprache.

12. Oktober 1948

Nach über zweijährigen Verhandlungen war es endlich möglich, in Göttingen wieder eine Volkshochschule ins Leben zu rufen. Heute Abend fand in der Aula der Oberschule für Jungen die Eröffnungs-Veranstaltung statt. Professor Dr. Rittig, der Leiter der Volkshochschule sprach über "Schöpferische Volkshochschularbeit", Dr. Borinski, der Leiter der Heimvolkshochschule Göhrde, über "Volkshochschularbeit in Ausland".

14. Oktober 1948

Die von den letzten Jahren her noch unrühmlich in Erinnerung stehenden, alle Arbeit schwer störenden Abschaltungen des elektrischen Stromes haben heute wieder eingesetzt. Sie sind nach amtlicher Mitteilung notwendig geworden, weil der Verbrauch an elektrischer Energie in Westdeutschland stark gestiegen ist und die Kraftwerke daher überlastet sind. Die Folge der Abschaltung war, daß bald danach in den Göttinger Geschäften keine Kerze mehr zu kaufen war.

17. Oktober 1948

In den evangelischen Kirchen der Stadt wurde vom 17. bis 23. Oktober wieder, wie im vorigen Jahr, eine Gebetswoche für die Kriegsgefangenen und Vermißten mit abendlichen Fürbittstunden durchgeführt.

18. Oktober 1948

Im Landgericht fand der 2. Göttinger Juristentag (Tagung der Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte und Referendare des Landgerichtsbezirks Göttingen) statt. Landgerichtspräsident Meyerhoff gab dabei von den von Braunschweig ausgehenden Plänen Kenntnis, die Landgerichte Göttingen und Hildesheim aus dem Bereich des Oberlandesgerichtes Celle zu lösen und dem Oberlandesgericht Braunschweig anzugliedern, ein Plan, für den weder eine Notwendigkeit besteht noch in Göttingen oder Hildesheim irgendwelche Sympathien vorhanden sind. Es soll durch diese Überweisung nur versucht werden, den zu kleinen Bezirk des Oberlandesgerichtes Braunschweig zu vergrößern und dadurch zu retten.

Dieser Plan steht in Zusammenhang mit dem anderen, den Regierungsbezirk Hildesheim aufzulösen und an Braunschweig anzugliedern, das damit seinen Platz als Sitz einer Regierung halten will. Rat und Verwaltung der Stadt Göttingen haben sich dem Einspruch des Göttinger Juristentages gegen beide Pläne angeschlossen.

Der Einzelhandelsverband hat seine Mitglieder aufgefordert, die in den letzten Monaten wieder aufgenommene Beleuchtung der Schaufenster im Hinblick auf die schwierige Lage der Versorgung mit elektrischem Strom zu unterlassen. Eine Anordnung der Militär-Regierung verbietet den Stromverbrauch nicht nur für Schaufensterbeleuchtung, sondern überhaupt für Reklamezwecke.

Stadt und Vororte sind in drei Gruppen eingeteilt worden, und ein fester Strom-Abschaltungsplan wurde ausgearbeitet nach dem die einzelnen Gruppen abgeschaltet werden sollen. An der Bevölkerung selbst liegt es, durch sparsamen Stromverbrauch die Abschaltungen auf ein Mindestmaß zu beschränken.

25. Oktober 1948

Die ordentliche Mitgliederversammlung des Wirtschaftsverbandes Feinmechanik und Optik in der britischen Zone fand vom 25. bis 26. Oktober in Göttingen statt.

29. Oktober 1948

Zu den Schwierigkeiten der Stromabschaltungen gesellten sich seit gestern auch noch solche der Wasserversorgung, da die Pumpen des Wasserwerks infolge der Stromsperre versagten. Ganze Stadtteile waren daraufhin längere Zeit ohne Wasser. Da auch der sogenannte Notstrom abgeschaltet war, konnten viele lebenswichtige Betriebe zeitweise nicht arbeiten. Göttingen leidet unter den rigorosen, von auswärts ausgehenden Abschaltungen besonders, andere niedersächsische Städte sind nicht so stark davon betroffen.

Die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, deren Sitz in Göttingen ist, trat zu ihrer jährlichen Senatssitzung zusammen. Es verdient, festgehalten zu werden, daß dabei nicht weniger als 5 Nobel-Preisträger anwesend waren.


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