Chronik für das Jahr 1945

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1. Mai 1945

Die Militär-Regierung beschlagnahmte das Gebäude der Handelslehranstalten, Friedländerweg 37.

6. Mai 1945

Die seit dem Ende der zwanziger Jahre in Göttingen bestehende Christengemeinschaft (Anthroposophen) ist seit heute selbständige Gemeinde und nahm nach Aufhebung des 1941 von der Gestapo (Geheime Staatspolizei) des nationalsozialistischen Regimes ausgesprochenen Verbotes ihre Tätigkeit wieder auf. Sie wurde früher von Hannover und Kassel aus versorgt, die Gottesdienste fanden ehemals in Privathäuser im Papendiek und an der Weender Landstraße statt, jetzt sind sie im Haus Hainholzweg 11.

Kurz vor der Besetzung Göttingens durch amerikanische Truppen sind die Eisenbahnanlagen durch schwere Luftabgriffe und durch militärische Operationen der deutschen Wehrmacht stark zerstört worden. Auf Befehl der Militär-Regierung wurde wenige Tage nach der Einnahme mit dem Wiederaufbau begonnen. Die gesamte Eisenbahnerschaft Göttingens ist gemeinsam mit Baufirmen damit beschäftigt, die Gleisanlagen zu schnell wie möglich wiederherzustellen. Das schwierigsten Bauunternehmen, die fünfgleisige Leinebrücke, wird in Gemeinschaftsarbeit zwischen amerikanischen Eisenbahnpionieren, deutschen Eisenbahnern und einer deutschen Baufirmen wiederaufgebaut werden.

7. Mai 1945

Von jetzt ab können wieder öffnen: Eisen- und Stahlwarenhandlungen, Geschäfte für Haus- und Küchengeräte, Schreibwarenfirmen, elektrotechnische und Musikinstrumente-Geschäfte, Fahrradhandlungen. Die Buchhandlungen bleiben noch geschlossen.

8. Mai 1945

Die 6 km-Reisebeschränkung wurde heute aufgehoben, doch darf niemand ohne Passierschein seinen gegenwärtigen Wohnsitz verlassen.

Von heute ab ist das Ausgehverbot weiter gemildert worden. Die Sperrstunden liegen jetzt zwischen 21 und 5 Uhr.

Die Militär-Regierung schaffte den aus dem Krieg stammenden Zwang der abendlichen und nächtlichen Verdunklung ab.

9. Mai 1945

Den Kindergärten für Kinder bis zu 6½ Jahren ist die Wiedereröffnung gestattet worden.

11. Mai 1945

Im Landkreis nahmen die Zweigstellen der Kreissparkasse wie die ländlichen Spar- und Darlehenskassen ihre Tätigkeit wieder auf.

Der öffentliche Fernsprechverkehr konnte wieder eingerichtet werden.

12. Mai 1945

Das Bauamt ist zur Zeit nicht in der Lage, die Aufräumungsarbeiten in den Straßen mit bombenzerstörten Häusern in der erforderlichen Schnelligkeit durchzuführen. Der Oberbürgermeister erließ daher einem Aufruf an alle zur Zeit unbeschäftigten und beurlaubten Männer, sich zu dieser Arbeit für täglich 6 Stunden zur Verfügung zu stellen. Nach Weisung der Militär-Regierung galt diese Aufforderung als Anordnung. Die Bevölkerung leistete nur in geringem Maß Folge, zu daß die Aufforderung wiederholt werden mußte. Für Weigerung wurden polizeilicher Zwang zur Arbeit und die Möglichkeit des Entzuges der Lebensmittelkarten angedroht.

Landgerichtsrat Walter Meyerhoff ist auf Anordnung der Militär-Regierung als Präsident des Landgerichts Göttingen eingesetzt.

14. Mai 1945

Nach Entfernung von 2000 Bänden nationalsozialistischen Inhalts konnte die Städtische Bücherei wieder eröffnet werden.

25. Mai 1945

Die Militär-Regierung hat der Stadt große Ablieferungen von Kleidungsstücken, Schuhen und Wäsche auferlegt. Der Oberbürgermeister erließ daher einen Aufruf an die Bevölkerung zur "zunächst freiwilligen" Abgabe, um Zwangsmaßnahmen zu vermeiden. Die abzuliefernden Sachen sollen für die tausende ausländische Arbeiter verwendet werden.

26. Mai 1945

Nach und nach wurde der Autoverkehr im Landkreis wiederaufgenommen. Zunächst ist der von Angerstein über Göttingen nach Groß-Schneen wiedereingerichtet.

Für die im April durch feindlichen Luftabgriff völlig zerstörte Anatomie am Bahnhof ist am Wilhelmsplatz im früheren Physiologischen Institut (Ecke der Burgstraße) ein Ersatz geschaffen worden.


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